HEKTISCHES HAMSTERN

HAUSHALTEN HEISST LAUT DUDEN, MIT ETWAS SPARSAM UMZUGEHEN. MANCHE DEUTSCHEN HAUSHALTE SCHALTETEN MITTE MÄRZ IN PANIKMODUS UND KAUFTEN DIE REGALE DER SUPERMÄRKTE LEER: 40 PROZENT MEHR UMSATZ. VOR ALLEM JUNGE KÄUFER MACHTEN TOILETTENPAPIER, SEIFE, MEHL UND HEFE ZU MANGELWARE, DIE RATIONIERT WERDEN MUSSTE. MEHL UND HEFE – FÜR WAS DENN? SO VIELE DEUTSCHE WERDEN NICHT WIRKLICH BACKEN GELERNT HABEN ...

Hamster sind Verwandte der Mäuse, die trockene und halbtrockene Gebiete Eurasiens lieben. In Mitteleuropa kommt nur der Feldhamster vor. In jeder Kieferhälfte besitzt ein Hamster drei bewurzelte Backenzähne, deren Höcker in zwei Längsreihen angeordnet und durch Schmelzleisten meist kreuzweise miteinander verbunden sind. Das wichtigste aber; Die innen liegenden charakteristischen Backentaschen dienen dem Transport der Nahrung. Das Transportierte legt der Hamster in seinen Bauten als Vorrat an. Drum sprechen wir von Hamsterbacken, wenn jemand den Mund nicht voll genug bekommt. Das Verb „hamstern“ bezeichnet laut Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden „das Horten von Lebensmitteln und anderer Güter weit über den tatsächlichen, aktuellen Bedarf hinaus“, wobei die Sprachforscher einräumen, dass Toilettenpapier in Coronazeiten ganz oben auf die Hamster-Liste wanderte. Hamster hamstern also. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache hat Begriffe wie Hamsterware, Hamsterfahrt, Hamstermarsch, Hamsterreise, Hamsterzug und Hamsterfrauen gesammelt. Diese Wörter stammen aus Berichten über die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs und die unmittelbare Nachkriegszeit.

Damals waren es insbesondere Frauen und Kinder, die mit der Eisenbahn aus den zerstörten Städten in ländliche Regionen kamen, um dort andere Waren gegen dringend benötigte Lebensmittel einzutauschen. Das erste Aufkommen des Begriffs „Hamsterkäufe“ ließ sich bereits drei Jahrzehnte vorher, zum Ende des Ersten Weltkriegs beobachten. Und vier Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Begriff kurzzeitig wieder in Mode, als sich 1986 das Reaktorunglück von Tschernobyl ereignete. Damals horteten die Europäer H-Milch und Konserven, die noch vor dem Unfall abgefüllt und damit nicht radioaktiv belastet waren. Dabei ist dieses Vorgehen in keiner Krisenzeit positiv zu bewerten. Gerade das Hamstern von Lebensmitteln hat schon immer die geregelte Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt. Nur wenige bereiten sich schon vor einer Krise gezielt mit dem Einkauf haltbarer Lebensmittel und anderer Güter auf mögliche bevorstehende Krisen vor. In Zeiten des Kalten Krieges bauten sich viele Menschen Bunker für den Fall eines Atomschlags. Elektro-Maschinen- und Geräter-Bauer Albert Schmid senior aus dem bayerischen Wasentegernbach bei Erding hat 1980 den größten privaten Bunker Deutschlands fertiggestellt. Er bietet im atomaren, biologischen oder chemischen Katastrophenfall hundert Personen Platz. Mit vierzig Tonnen Eisen und dreihundert Kubikmeter Beton hat er auf 260 Quadratmetern Fläche einen Schlaf-, einen Aufenthalts- und einen Maschinenraum errichtet. Der Bunker ist mit einer zwei Tonnen schweren Türe gesichert. Ein Brunnen, ein Notstromaggregat und eingelagerte Lebensmittel sollten das Überleben unter Tage ermöglichen. Damals bunkerte man. Heute hamstert man wieder.

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