Am 13. Januar 2020 hatte das Virus Thailand erreicht, drei Tage später Japan. Es war nur eine Frage der Zeit, wann Covid-19 auch außerhalb Asiens auftreten würde. Am 21. Januar wurde der erste Corona-Test in den USA positiv bestätigt. Angesichts des dritten chinesischen Todesfalls binnen elf Tagen hatten die Amerikaner am Vortag angekündigt, an einem Impfstoff zu arbeiten. Drei Tage später, am 24. Januar, meldete Frankreich seine erste Coronainfektion. Kurz darauf wurde klar, dass nicht einer, sondern drei Menschen in Bordeaux und Paris erkrankt waren.
Weitere vier Tage später, am 28. Januar, wurde der erste bestätigte Corona-Fall in Deutschland publik. Es handelte sich um einen Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto im oberbayerischen Landkreis Starnberg. Dieser Mitarbeiter hatte sich vermutlich während einer gemeinsamen Sitzung mit einer chinesischen Kollegin infiziert, die für drei Tage in die bayerische Firmenzentrale gereist war. Als sie schon wieder zu Hause war,verspürte sie Symptome, ging zum Arzt und erhielt am gleichen Wochenende die positive Diagnose. Noch am Montagmorgen richtete der Vorstandsvorsitzende eine abteilungsübergreifende Taskforce ein. Und er ließ sofort den Standort schließen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bot er an, aus dem Homeoffice zu arbeiten. Umgehend entstanden Listen mit den Kontaktpersonen aller Teilnehmer, die sich mehr als 15 Minuten im selben Raum mit der Chinesin oder dem deutschen Infizierten aufgehalten hatten. Ganz so, wie das Robert Koch-Institut es definiert hat.
Außerdem entschied sich der Zulieferer in der Krisenkommunikation für Transparenz. Das bedeutete: Offenheit gegenüber den eigenen 13.500 Mitarbeitern und Offenheit gegenüber den Medien. Über jeden einzelnen Schritt. Das Interesse in Deutschland war extrem, als binnen weniger Tage immer mehr Webasto-Mitarbeiter Symptome zeigten und prompt positiv auf Covid-19 getestet wurden: Neun Webasto-Mitarbeiter und fünf ihrer Angehörigen infizierten sich im Februar. Die Tests wurden so lange ausgeweitet, bis es keine neuen Verdachtsfälle aus den Kontaktlisten aller Zusammenkünfte der neun Mitarbeiter mehr gab.
Der Standort Stockdorf zwischen München und Starnberg blieb insgesamt zwei Wochen lang geschlossen. Das konsequente Handeln verhinderte eine weitere Ausbreitung des Virus im Unternehmen. Webasto produziert in rund 50 Ländern der Erde Schiebedächer und Akku-Systeme für Elektroautos. In der globalisierten Automobilwelt ist es üblich, dass Zulieferer den Herstellern überall dorthin folgen, wo diese auch produzieren.
Als das Virus nach Bayern kam, sollte ich genau an diesem Tag von Bayern nach Washington D.C. reisen. Das Ticket hatten wir noch im alten Jahr gebucht. 13 Tage nach Rückkehr aus China und eine Woche nach Auftreten des ersten Falls in den USA konnte ich mir ausmalen, wie dort die Einreise mit dem chinesischen Visumsstempel aussehen würde. Langes Warten, viele Fragen, nur Schwierigkeiten. Damals glaubte die Medizin noch, die Inkubationszeit für eine Covid-19-Erkrankung liege bei sieben Tagen. Später stellte sich heraus, dass die Krankheit auch 14 Tage unerkannt schlummern konnte.
Buch WAHRHEIT ÜBER CORONA weiterlesen?